Dominik Asbach

Unter Malochern - 1 Jahr RWO

„Die haben keine Chance, keine“
sagt Heribert Bruchhagen (Chef von Eintracht Frankfurt) vor der Saison.

Nach 2 Abstiegen in Folge landet RWO im Sommer 2006 in der Oberliga, der vierthöchsten deutschen Spielklasse. Den Klub plagen Millionenschulden, er steht kurz vor der Insolvenz. Im Verein findet ein großer Umbruch statt, der alte Präsident Hermann Schulz muss gehen und ein neuer, unkonventioneller Vorstand um den Theatermann Hajo Sommers beginnt mit dem Neuanfang. Was folgt klingt fast wie ein Märchen, RWO gelingen zwei Aufstiege in Folge. Und das mit Spielern, die fast ausschließlich aus der Region kommen und teilweise seid ihrem 5.Lebensjahr bei RWO kicken. Im Sommer 2008 spielt Rot-Weiß wieder in der 2.Bundesliga. Die Saison wird unter das Motto Malocherschicht gestellt, man hat den geringsten Etat im deutschen Profifußball und gilt als Abstiegskandidat Nummer 1. Da der Erfolgstrainer Hans-Günter Bruns keine Lust auf die mediale Öffentlichkeit in der Bundesliga hat tauscht er den Platz mit dem Manager Jürgen Luginger, ein einmaliger Vorgang im deutschen Profifußball.
In Oberhausen ticken die Uhren eben anders. Das Präsidium ist besetzt mit Leuten aus dem Leben, »Bei welchem anderen Verein sieht man den Präsidenten ständig nackend inner Zeitung«, fragt Hans Günter Bruns lächelnd. Bodenständigkeit ist das wichtigste Gut für den Erfolg, sagt er.

Das Herz der Truppe ist der »Reichert-Clan«, die Brüder Tim und Benjamin Reichert. Letzterer war als Leistungsträger von arrivierten Zweitligisten wie dem FC Augsburg umworben. Doch Vater Reichert, Familienoberhaupt mit sechs Kindern und ehemaliger RWO-Boss, machte die Rechnung für seinen Zögling auf: Fahrtkosten von Augsburg zurück zu Muttern, tägliches Essen gehen, weil unfähig zur Selbstverpflegung, Miete, weil Auszug von Zuhause und dann die Unwägbarkeiten der oberschwäbischen Diaspora. Ergebnis: »Benny, selbst bei deutlich besseren Bezügen, lohnt der Transfer nicht.« Nachdem Abwehrspieler Dimitrios Pappas jahrelang bei den Reicherts mit im Wohnblock hauste, sich gemeinsam mit Kumpel Benjamin vom ersten Fußballer-Lohn einen Mercedes leistete, zerbrach die Fußballer-WG als Pappas mit seiner Freundin zusammenzog. Doch das Idyll findet wie die Malocherschicht auch in der Profisaison eine Fortsetzung. Die Leverkusener Leihgabe Kim Falkenberg wird direkt nach seiner Ankunft im Pott in die Obhut der Reichertschen Kommune überstellt. Die Integration ist somit von Beginn an gesichert. Auch sonst wird tatkräftig dafür gesorgt, dass kein Spieler aus dem Kollektiv ausschert: Als ein Stürmer nach einer längeren Phase auf der Ersatzbank bei einer erneuten Berücksichtigung ein Tor erzielt, revanchiert er sich beim Coach, indem er mit geballter Faust an der Trainerbank vorbei rennt und jubelt. Nach dem Match greift sich Sturmkollege Mike Terranova den Kameraden: »Junge, noch so eine Aktion und ich polier‘ Dir die Fresse.« Alleingänge sind verpönt. Befindlichkeiten werden nicht auf dem Rücken der Mannschaft ausgetragen. An den im Profigeschäft arg strapazierten Phrasen vom Team, das stets wichtiger als der einzelne ist, besteht kein Zweifel.

Die Saison verläuft zunächst sehr schlecht. 6 der ersten 7 Saisonspiele werden verloren, RWO steht wie von allen vorher prognostiziert auf einem Abstiegsplatz. Die Stärke der Mannschaft ist dann ihre starke Geschlossenheit. Man malocht sich zurück in die Erfolgsspur. Am Ende landet die Mannschaft auf dem 9. Tabellenplatz, hat mit Kaiserslautern, Mainz, Freiburg und Ingolstadt 4 amtierende Tabellenführer geschlagen.
Und sie haben Heribert Bruchhagen gezeigt was man macht, wenn man keine Chance hat!
© Sämtliche Nutzungsrechte an den abgebildeten Fotografien liegen bei Dominik Asbach

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