„Ich habe diese Serie mit der Frage begonnen, „Warum fotografiert man Blumen?“, denn die Blumen haben einen intensiven Bezug zur Fotografie. Sie stehen immer für Schönheit, was wohl der meistgenutzte Grund oder Vorwand ist, um etwas zu fotografieren. Und da ich im Ruhrgebiet wohne, liegt es nahe, direkt vor Ort nach Blumenbildern zu suchen. Aber um die oberflächlichen Aspekte und Klischees der Blumen zu vermeiden und so die für mich interessantesten Blumen zu präsentieren, beschloss ich, sie auf den Straßen verschiedener Ruhrgebietsstädte in schwarzweiß zu fotografieren. Während die Abwesenheit von Farbe die Blumen manchmal komplett tötet, habe ich das Gefühl, dass es sie auch neutral macht und so mehr Interpretationsmöglichkeiten eröffnet werden.
Ich interessiere mich mehr für Wildblumen und Blumen in Wohngebieten, weil sie immer Teil der Umwelt sind und oft als Bindeglied zwischen verschiedenen Straßen und Gemeinden fungieren. Um genau zu sein, verbreiten Wildblumen ihre Samen auf jedem ihrer Wege frei von einer Ecke der Stadt zur anderen. Auch Blumen, die für den Garten gekauft werden, haben ihr eigenes Verbreitungsnetz, das allerdings mehr von der Kultur des Menschen beeinflusst wird. Blumen spiegeln unsere Beziehung zur Natur in der Stadt wider, wo wir denken, dass wir der Herr über alles sind.
Die Blumen blühen auch in Landschaften, die die schwerindustrielle Geschichte und Modernität des Ruhrgebiets repräsentieren. Ästhetisch wirken sie weich, subjektiv, sinnlich, sentimental und doch voller Leben. Ich denke, dass dies meiner Wahrnehmung des Ruhrgebiets als Ausländer ähnelt, denn ich bin in China geboren und habe kein tiefes Verständnis für die Politik und Geschichte des Ruhrgebiets in Deutschland. Ich möchte diesen Blumen keine zu spezifische Bedeutung geben, aber ich denke, sie haben das Potenzial, dem Betrachter durch meine subjektive Sichtweise einige Antworten auf die Frage zu geben, warum genau ich so fasziniert davon bin, das Ruhrgebiet zu fotografieren.“