Sascha Kreklau

Obdach Ich – Porträts von obdachlosen Frauen und Männern

Der hinlänglich bekannte fotografische Umgang mit dem Thema Armut liegt in der Reportage-, Dokumentar- und Portraitfotografie des 19. und 20. Jahrhunderts und brachte so verschiedene Ansätze hervor wie zum Beispiel von August Sander, Walker Evans oder Richard Avedon. Jedoch bilden diese fotografischen Ansätze keine objektive Wirklichkeit ab. Deshalb gilt es ihre Berechtigung als von der öffentlichen Meinung legitimierte Umgangsform für dieses Thema zu hinterfragen. Die Konsequenz aus dieser Tatsache kann der Versuch sein, sich als Fotograf dem Dilemma des Versuchs der Objektiven Fotografie zu entziehen und sich dem Thema mit Hilfe der gestalterischen Inszenierung zu nähern.

Indem Jürgen Teller Modelle wie Claudia Schiffer oder Kate Moss jenseits der Welt des Glamours in ihrer Privatsphäre ablichtete, unterlief er die Konventionen der gängigen Modefotografie deren Duktus häufig durch eine Hyperästhetisierung der Wirklichkeit geprägt ist. Das Topmodell in seiner Normalität und Menschlichkeit, von allem Glamourösen entledigt, wurde zum Beweis für die gesellschaftliche Dualität von Schein und Sein.

Doch gibt es diese Dualität auch in umgekehrter Richtung. Das Bild eines „Penners“ wie es im kollektiven Bewusstsein existiert spricht ihm basale menschliche Eigenschaften ab und skizziert ihn als betäubtes und jenseits der Gesellschaft vegetierendes Etwas.

Indem ich obdachlose Frauen und Männer mit den ästethisierenden Mitteln der Fotografie wie Licht, Farbe und Pose konfrontiere hinterfrage ich die vorherrschenden Klischees der Darstellung von sozialer Identität. Ziel dieses Ansatzes soll es nicht nur sein, die Aufmerksamkeit auf das sozial brisante Thema der Armut zu lenken, sondern vielmehr auch das Augenmerk auf die eindimensionale mediale Produktion zu richten die verbreitete Klischees weiter bedient und zu häufig Momente wie Wahrhaftigkeit und Menschlichkeit ausblendet.

Ich lege wert auf die Feststellung, dass keiner der Portraitierten meiner Arbeit in irgendeiner Form vor den Aufnahmen gestylt, geschminkt, gepudert, speziell gekleidet oder in irgendeiner Weise artifiziell verändert wurde. Ich habe die Menschen meiner Diplomarbeit so fotografiert wie sie mir begegnet sind. Auf der Straße.
Sascha Kreklau
Bochum, 04.März 2006
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