Sarah Straßmann

Natur der vierten Art

Natur der vierten Art ist Natur, die sich spontan auf Brachflächen in den Städten entwickelt. Es handelt sich dabei weder um eine ursprüngliche Naturlandschaft, Natur der ersten Art, noch um eine landwirtschaftlich kultivierte Landschaft, Natur der zweiten Art, und schon gar nicht um eine gartenkünstlerisch geschaffene Natur der dritten Art.
In den heutigen Großstädten entstehen mehr und mehr solche Brachflächen, eine Folge des demographischen Wandels aber auch des Wegfalls bestimmter Industriezweige.
In meiner Arbeit „Natur der vierten Art“ habe ich jene neuen Brachflächen aufgesucht. Dort scheint sich die Natur das zurück zu erobern, was wir ihr genommen haben. Bei mir als Betrachter keimt ein Wunsch nach Ganzheitlichkeit auf. Eine Ganzheitlichkeit mit der Natur, die uns heute häufig abhanden gekommen ist. Kultur und Natur gehen eine neue Symbiose ein – eine neue Landschaft entsteht. Das Ergebnis dieses Ereignisses sind Bilder im Zwischenzustand. Manchmal scheint die Natur die Oberhand zu gewinnen, manchmal ist der Wildwuchs erst in seinen Anfängen begriffen. Verfallene Gelände sind Zeugen der Vergangenheit und halten der Gegenwart ihre Vergänglichkeit vor. Neben diesem nostalgischen Aspekt weisen sie aber auch utopische Züge auf, da dem momentanen Verfall eine positive Zukunft folgen könnte. Es soll eine diffuse Stimmung ausgelöst werden, die beim Betrachter die Sehnsucht nach einem positiven Ort hervor ruft. Die Unvollkommenheit der Gegenwart ist in diesem Zusammenhang Grundlage der Sehnsucht nach einer Gegenwelt zu der bestehenden.
Was bleibt, ist das Wissen um die Vergänglichkeit jener Brachflächen, jener neuen Symbiose aus Wildnis und Kultur. Denn Brachflächen sind immer nur vorübergehend.
Was bleibt, ist die Sehnsucht, die Utopie.
© Sämtliche Nutzungsrechte an den abgebildeten Fotografien liegen bei Sarah Straßmann

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