Wolfgang Quickels

Im Tal der Ruhr

Fotoserie über eine Radreise entlang der Ruhr vom 10. bis 20.7.2006 von der Quelle in Winterberg bis zur Mündung in den Rhein bei Duisburg.

Die Emscher kenne ich seit 50 Jahren. Genau wie den Rhein-Herne-Kanal. Und unseren Mond in Wanne-Eickel. Aber die Ruhr? Wann begegnet unsereinem schon mal die Ruhr? Als wir, wie so viele Schüler-Generationen vor und nach uns zur Dechenhöhle ins Sauerland gefahren sind, da haben wir sie vielleicht mal in Witten überquert. Aber sonst?
Näher lernte ich die Namenspatronin unserer Region erst kennen, als ich vor 15 Jahren meinte, ein bisschen Sport treiben zu müssen. Da lag sie vor mir, grau-grün und lockend. Breit geworden durch den Kemnader See. Diese Tage des Gleitens auf acht schnellen Rollen muss den Wunsch nach viel mehr Ruhr in mir ausgelöst haben. Nach mehr jedenfalls, als die Prozession der Sonntags-Spaziergänger zwischen Blankenstein und Hardenstein sucht und findet.
Trubel herrscht an und auf ihr. Wassersportler und Dampfer-Passagiere nutzen ihr Wasserbett. Und jetzt kam auch noch ich mit meinen acht Rollen und der Information, hier ein Skater-Revier wie sonst nirgendwo zwischen Ruhr und Lippe vorzufinden.
Aber sie immer nur zu be- und umgleiten, das reichte irgendwann nicht mehr. Ich wollte sie kennenlernen. Der ganze Fluss sollte es sein - von der Quelle in Winterberg bis zur Mündung in Duisburg.
Und so schnallte ich denn die Rollen ab und sattelte um auf mein Trekking-Rad. Zehn Tage nahm ich mir, meine Kamera und den Plan vom Ruhrtal-Radweg.
Mit dem Quellen-Rinnsal am Ruhrkopf begann im idyllisch-beschaulichen Sauerland die Fotoreise, die mich von dieser recht enttäuschenden Quelle bis Duisburg-Ruhrort führen sollte.
Als ich nach zehn Tagen Fahrt am Zusammenschluss mit dem Rhein in der Industrie- und Hafen-metropole Ruhrort ankam, war ich um ein paar Hundert Fotos und die Erkenntnis reicher: Es war gut, die Mühsal der Berg- und Talfahrt entlang der Ruhr auf sich zu nehmen
Einst wild und frei, bürdeten ihr unsere Vorväter Lasten auf, die die neue Industrieepoche so mit sich brachten. Die Zeche Nachtigall im Muttental als Wiege des Ruhrbergbaus legt von dieser Zeitenwende ebenso Zeugnis ab wie das Koepchenwerk in Herdecke am Hengsteysee oder das Ruhr-Viadukt am Harkortsee und die oft so hässlich-imposanten Beton- und Stahlbrücken, die auch durch das bunteste Graffiti nicht schöner werden. Es war gut unter ihnen hindurch zu fahren, immer im Tal zu bleiben, mit Augen und Herz Fluss und Ufer aufzusaugen. Eine Topographie der Gefühle.
Der Blick von oben herab ist eben nur ein oberflächlicher.
Wer die Brücken aber unterquert und das Tal mit wachen Augen erkundet, der erhält eine Ahnung davon, wie hier die Urlandschaft, die massive Industrialisierung und die Entwicklung zum Freizeitfluss mit- und gegeneinander gekämpft haben. Dies ist für mich der Reiz dieser Tour.
Hier unten spürst du auf jedem Meter, dass die Ruhr sich längst befreit hat von ihren Kohle- und Stahlbaronen. Freizeit-Jünger wie ich machen ihr jetzt den Hof und rücken ihr auf ungezählten Rädern, mit Paddelbooten, Surfbrettern oder auf Fähren und Ausflugsschiffen zu Leibe. Oder sie rasten als Selbstverpfleger an wunderschönen Auen, wo auch die Kühe nach den Sonnenstunden auf der Wiese Abkühlung im flachen Uferwasser suchen. Hier ist sie noch ursprünglich und wunderschön,
Es gibt sicher schönere Flusslandschaften, kontrastreichere wohl kaum. Aber vielleicht kann dieses Urteil nur einer fällen, für den auch schon der Mondschein über dem schnurgeraden Kanal seine Reize hat.
© Sämtliche Nutzungsrechte an den abgebildeten Fotografien liegen bei Wolfgang Quickels

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