Dieter Schmidt

Im Ruhrgebiet: wohnen und arbeiten

Als ich 1997 begann, das Ruhrgebiet zu besuchen, war das in der Absicht, die dort vorhandene ältere Industriearchitektur zu erkunden. Denn bei der älteren Industriearchitektur handelt es sich meist nicht um reine Zweckbauten. Vielmehr sind die häufig im Stil des Backsteinexpressionismus ausgeführten Gebäude ein Ausdruck des Gestaltungswillens von Architekt und Bauherrn und formen dementsprechend das Erscheinungsbild der Industrieanlage individuell. Die äußere Erscheinung des Gebäudes lässt nicht ohne weiteres die Funktion eines Gebäudes erkennen.

Mein Interesse gilt sowohl den Einzelgebäuden als auch den durch die Zusammenstellung von Gebäuden entstehenden Ensembles in ihrer teils einheitlichen Formensprache, wenn sie aus einem gemeinsamen Entwurf stammen, und den interessanten Gegensätzen, die sich ergeben, wenn Bestehendes durch neue Gebäude ergänzt oder erweitert wurde. Bei vielen Werken im Ruhrgebiet ist eine „nackte Maschine“ der alles überragende Mittelpunkt einer Industrieanlage: Förderturm oder Hochofen dominieren ein Werksgelände. Schon von weitem sind sie als Landmarken erkennbar und prägen die Stadtansicht.

Ebenso wie die Industriegebäude interessiert mich die ursprünglich als Werkssiedlung entstandene Bebauung mit Kleinhäusern in Kolonien. Hier finden sich neben den in ihrer ursprünglichen Form erhaltenen Häusern in einer Reihe Häuser der gleichen Vorlage, die aber nach den Bedürfnissen und dem Geschmack der jeweiligen Bewohner äußerlich geändert worden sind.

In den letzten Jahren habe ich meine fotografischen Erkundungen auf weitere Aspekte der urbanen Erscheinung des Ruhrgebiets ausgedehnt, ohne hierbei die Idee einer Vollständigkeit oder des Repräsentativen zu verfolgen. Vielmehr sind es urbane Blitzlichter, die die bisher auf Industrieanlagen und Werkskolonien fokussierte Erkundung abrunden.
© Sämtliche Nutzungsrechte an den abgebildeten Fotografien liegen bei Dieter Schmidt