Heinz Josef Klaßen

Die Stadt Essen mit den Augen des Malers

1970 war die Welt der Fotografie noch in Ordnung. Es gab die alleingültige Kunstform der Schwarzweiß-Fotografie und neben der industriellen Werbung die zahllosen Knipser, die das gewohnte Filmmaterial aber auch den wiederverfügbaren Farbfilm als Farbnegativ- und als Farbumkehrfilm einsetzten.
Heinz Josef Klaßen benutzte schon ab 1959 das Farbdia, wenn es ihm aus gestalterischen Gründen geboten schien. 1966 kam er aus beruflichen Gründen nach Essen. Ab September 1970 wurde für die nächsten zwanzig Jahre ausschließlich der Diafilm eingesetzt, um die Stadt und das Revier als die neue Lebenswirklichkeit zu erkunden und zu verinnerlichen. Diese Dias waren Vorlagen für seine fotorealistischen Gemälde, in denen er bewusst das klischeebehaftete Urteil über das Grau in Grau des Ruhrgebiets bestritt. Für ihn war es das Land der tausend Feuer und wenn auch nicht bunt, so doch großartig farbig und ausnehmend lebendig.
Diese fast fünfhundert Dias im Klein- und Mittelbild Format wurden 2015 von ihm wiederentdeckt, auf eine mögliche Verwendung geprüft und restauriert. Dabei war die guterhaltene Originalfarbe der Gemälde sehr hilfreich. Neue Scans und eigene Ausdrucke bis A2 der letzten zwei Jahre ergaben Fotografien, die sich häufig den Gemälden als ebenbürtig erwiesen.
Menschen sind auf diesen Fotografien selten zu sehen. Sie sind in dem von ihnen Geschaffenen präsent und fordern auf ihre Weise einen respektvollen Umgang mit ihnen ein. Auch werden Umbruch, Aufbruch und der Optimismus einer Generation sichtbar, die nicht trotz sondern in der harten Arbeit ein Selbstwertbewusstsein entwickelte, das letztlich zu dem sprichwörtlichen blauen Himmel über der Ruhr geführt hat. Diese Serie zeigt verschiedene Situationen von Essen aus verschiedenen Zeiten, deren Gemeinsamkeit darin begründet ist, dass sie nicht nur vor fünfzig oder vierzig Jahren als einzigartige farbige Zeitdokumente entstanden sind, sondern heute auch noch vielen Zeitzeugen einen lebensnahen Bezug zu ihrer eigenen Vergangenheit ermöglichen.
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